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1618 begann die für Bücher (neben dem 2.Weltkrieg) größte Katastrophe - der dreissigjährige Krieg, der schätzungsweise 6 Mio. Todesopfer forderte - dies entsprach einem Drittel der Einwohnerzahl des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation!
Aber auch zahlreiche Kulturgüter wurden im Krieg zerstört oder als Beute verschleppt. So wurden z.B. die Bibliotheken von Mainz und Würzburg nach Schweden gebracht, während die Bibliothek von Heidelberg an den Vatikan verschenkt wurde.
Noch heute sind die Auswirkungen am Antiquariatsmarkt spürbar: Vergleichbare Bücher vor 1600 haben einen höheren Wert als wenn sie nach dem dreissigjährigen Krieg gedruckt wurden.
Im 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebten nicht nur Republiken wie die Niederlande oder konstitutionelle Monarchien wie England eine Blütezeit, sondern auch absolutistische Herrscher wie Ludwig XIV. in Frankreich.
Pergament ist eine bearbeitete Tierhaut. Je nach Region wurde diese unterschiedlich verarbeitet. Die feinste Qualität wurde aus Häuten neugeborener oder ungeborener Ziegen und Lämmer hergestellt, da diese keine Vernarbungen etc. aufweisen ("Jungfernpergament").
Die Vorzüge des Pergaments gegenüber dem Papyrus bestehen lt. Wikipedia in der glatteren Oberfläche, in der Festigkeit und Dauerhaftigkeit sowie auch in einer überwiegend hellen Farbe.
Ferner können Farbe und Tinte nicht tief in Pergament eindringen, so dass Texte leicht wieder abgeschabt und das Pergament neu verwendet werden kann. Dabei spricht man von einem Palimpsest (griech. palimpsestos „wieder abgekratzt“). Heute kann man abgekrazte Texte mit modernen technischen Methoden wieder sichtbar machen. Zahlreiche bedeutende Texte wie z.B. De re publica von Cicero sind ausschließlich als Palimpsest überliefert.
... auffallend ist das Format: Es ist optimiert für Damenhandtaschen!
Die DIN-Norm war noch nicht erfunden, daher variieren Buchformate erheblich. Grundsätzlich gibt das Buchformat an, wie viele Blätter ein Buchdrucker aus einem Bogen Papier erstellen kann, dem traditionell (und theoretisch) die Maße eines römischen Pergamentbogens zugrunde liegen. Einen ungefalteten Bogen bezeichnet man als Atlasformat, Doppel- oder Großfolio. Faltet man einen Bogen ein erstes Mal, so erhält man das Folioformat (2 Blatt), faltet man ihn ein zweites Mal, erhält man das Quartformat (4 Blatt) usw.
In der Praxis variierte die Größe erheblich: Im MIttelalter je nach Verfügbarkeit der Häute, die man zu Pergament verarbeitete. In späteren Zeiten produzierte jede Papiermühle individuell.
Wer sich genauer für Buchformate interessiert, findet dazu bei Wikipedia einen eigenen Artikel.
Vogel, Matthias: Schatzkammer heiliger Göttlicher Schrifft, Tübingen, Gruppenbach, 1594, 1599, 1603 (3 Bände)
Philipp Sigismund, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, Fürstbischof von Osnabrück etc. ließ den Text des oben abgebildeten Buches, der eine genaue Anleitung für ein gottesfüchtiges Leben enthält, auf speziellem Papier drucken, verwendete mit seinem Wappen in Gold geprägte Pergamenteinbände und versah den dritten Band mit einer handschriftlichen Widmung (s. Abb. links) als er die Bücher 1604 seinem Haushofmeister schenkte. Am bemerkenswertesten ist der Goldschnitt bei allen drei Bänden, der zusätzlich mit einem geprägten (!) Muster versehen ist (s. Abb. in der Mitte). Da Philipp Sigismund den Wert der Bücher durchaus realisierte, erfolgte die Schenkung unter der Auflage, dass die Bände nach dem Tod des Empfängers an die herzogliche Bibliothek zurückfallen - daher enthalten sie heute auch ein Exlibris aus der Bibliothek der verwittwerten Herzogin Elisabeth Sophia Maria.
Absolutistische Herrscher begründeten ihren Anspruch auf Machtvollkommenheit ohne wesentliche politische Mitentscheidung ständischer oder demokratischer Institutionen meist mit religiösen Prinzipien wie dem Gottesgnadentum. Dazu war es unbedingt notwendig, dass die Untertanen ein "gottesfürchtiges" Leben führen - je mehr Vorgaben sie dazu erhielten, desto besser war es aus Sicht der Herrscher.
In der Sammlung Buchner finden sich dazu zwei Beispiele:
Oben dargestellte "Schatzkammer heiliger Göttlicher Schrifft" wandte sich alleine aufgrund des Umfangs, aber auch durch eine anspruchvolle Sprache eher an gebildetere Schichten in Städten. Die unten abgebildeten, ein ganzes Jahrhundert später entstandenen "Bauren-Reglen" wiederum hatten als Zielgruppe die Landbevölkerung.
Oberleitner, Franz Anton: Simplicium Leges, Das ist: Geistliche und unfehlbare Bauren-Reglen, Augsburg, Sturm, 2 Teile in einem Band, 1732
Faksimile: Hildesheim, Zürich, New York, Olms, 1993
Die Sammlung Buchner enthält beide Ausgaben.
Die "Bauren-Reglen" enthalten keine "Bauernregeln" wie wir sie heute kennen, sondern in zwei Teilen Verhaltensregeln, die nicht nur genannt, sondern auch erläutert werden:
Der erste Teil mit 26 Regeln "lehret den Baursmann, was er Gott seinem Erschaffer zu leisten schuldig ist". Dazu zählen beispielsweise:
"1. Der Baur soll mit seinem Stand zufriden und Gott hierum danckbar seyn." oder "10. Der Baursmann als Hauß-Vatter muß denen Seinigen mit gutem Lebens-Wandel vorleuchten."
Der zweite Teil mit 11 Regeln erklärt, "wie sich der Baursmann gegen seinen Nächsten verhalten solle". Hier findet man:
"1. Von der Ehrenbiethigkeit, und folgwilligem Gehorsam, welchen der Baursmann seinem Seelsorger und Pfarrern zu leisten schuldig ist." oder "3. Der Baursmann ist schuldig seinen Herrschafften und weltlicher Obrigkeit in allen billichen Dingen schuldigen Gehorsam zu leisten."
Für eine zielgruppengerechte Aufbereitung der Materie sorgte mit Franz Anton Oberleitner ein Pfarrer, der im ländlichen Obertauffkirchen tätig war.
Neben den gottesfürchtigen Texten rückten aber auch andere Themen in den Vordergrund:
Man interessierte sich nun auch für den einzelnen Menschen - und für Naturwissenschaften. Nebenstehendes Buch ist ein Beispiel für die Gattung der damals entstehenden "Kräuterbücher": In ihnen wurden - manchmal besser und manchmal schlechter - alle damals bekannten Tier- und Pflanzenarten sowie Metalle, Edelsteine etc. abgebildet und erläutert, wofür diese in Heilprozessen eingesetzt werden können. Die Kräuterbücher dienten damals Klöstern und Apothekern für die Zusammenstellung von diversen "Heilmitteln". Diese Bücher waren überaus aufwendig, da für jede Abbildung ein eigener Holzschnitt erstellt werden musste.
Lonicerus, Adam: Kreutterbuch. Ulm, Wagner, 1679.
Faksimile: Naunhof b. Leipzig, Hendel, 1934 (nummerierte Expl., in Slg. Buchner Nr. 324)
verkleinertes Reprint: Grünwald b. München, Kölbl, 1962
Die Sammlung Buchner enthält alle drei Ausgaben.
Oben dargestellt ist die Abb. des Wals. Da man sich bei einem so großen Tier, das man getötet hat, vor einer Rache fürchtete, spielte beim Zerlegen des Tiers eine Kapelle Musik, um die Seele des Wals zu besänftigen.